Genmanipulierte Lebensmittel heute und morgen
Novel Food – Lebensmittel der Zukunft. Neu auf europäischen Tischen: Davidslilie und Hausgrille sowie die Larve des Getreideschimmelkäfers
Gentechnik: Lebensmittel der Zukunft sollen laut Bundesregierung und Steakholderfoods genetisch veränderte Nahrungsmittel und andere Novel Foods wie kultiviertes Fleisch, proteinreiche Insekten, Meerespflanzen und Algen sein.
Was ist Novel Food?
Insekten und GVOs in Lebensmitteln
Novel Foods sind neuartige Lebensmittel, die in der EU erst kurz zugelassen sind. Hierbei handelt es sich um Lebensmittel, die in anderen Ländern bereits traditionell erprobt sind, als auch um genmanipulierte Mikroorganismen, wie z.B. modifizierte Escherichia Coli – Stämme zur Fermentation von Lebensmitteln wie Milchprodukten, gentechnisch verändertes Gemüse, Nahrungsergänzungsmittel oder Insekten.
Für die Zulassung eines Novel Food in der EU muss ein Antrag gestellt werden. Der Antrag muss wissenschaftliche Daten zur Unschädlichkeit des neuartigen Lebensmittels enthalten.
Allerdings durchläuft das neue Nahrungsmittel oder der Mikroorganismus keine unabhängige Kontrolle, sondern der Antragsteller kann die Daten selbst erheben, sodass unbewusste oder bewusste Manipulationen der Daten möglich sind.
Welche Insekten sind in der EU zugelassen?
- Gelber Mehlwurm (Tenebrio molitor)
- Hausgrille (Acheta domesticus)
- Europäische Wanderheuschrecke (Locusta migratoria)
- Larve des Getreideschimmelkäfers (Alphitobius diaperinus)
Die Insekten dürfen getrocknet, gefroren, pastös oder pulverisiert in Lebensmitteln enthalten sein, es besteht jedoch eine Kennzeichnungspflicht.
In welchen Lebensmitteln sind Insekten zugelassen?
- Müsli-Riegel
- Brot und Brötchen
- Müsli und Frühstückzerealien
- Backmischungen
- Gerichte auf Getreidebasis
- Chips und Knabberzeug
- Schokolade
- Erdnussbutter
- Fleischzubereitungen und Fleischalternativen
- Alternativen von Milch und Milchprodukten
In welchen Produkten sollen Insekten in Zukunft zugelassen werden?
- Back- und Teigwaren,
- Bier
- Saucen und Fertiggerichte
- Kartoffelerzeugnisse
- Pizza
- Snacks wie Chips und Cracker
- Nudeln
- Fleischersatzprodukte
Insekten enthalten gesunde Proteine, es gibt jedoch keine EU-Vorschrift, dass die Chitinpanzer vor der Verarbeitung entfernt werden müssen.
Chitin ist ein uneinheitliches Bio-Polymer und das zweithäufigste Polymer nach der Cellulose. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist Chitin nicht für die Härte des Panzers einen Insekts verantwortlich, sondern für seine Weichheit und Biegsamkeit. Es befindet sich z.B. auch in Pilzen. Erst durch die Verbindung mit dem Struktur-Protein Sklerotin wird der Panzer oder das Exosklelett von Gliederfüßern mit Chitin hart.
Gentechnik als Nahrung und ihre Auswirkungen auf die Umwelt
Novel Food: Gentechnisch veränderte Pflanzen
Ein Teil der genmodifizierten Nahrungspflanzen unterliegt nicht mehr dem EU-Gesetz für GVOs.
Da bei gentechnisch veränderten Lebensmitteln nicht nur eine negative Auswirkung auf den Menschen, sondern auch auf die Umwelt befürchtet wird, unterliegt der Anbau genmodifizierter Pflanzen in der EU noch strengeren Kontrollen.
Bisher darf in der EU nur eine modifizierte Maissorte, die GV-Maislinie (MON810), ausgesät werden, andere Pflanzen unterliegen strengen Laborauflagen und werden zunächst in anderen Ländern in der Umwelt erprobt, wenn die nationalen Gesetze des Landes es zulassen. Das Ausbringen von GVOs unterliegt nationalen Gesetzen, in Österreich ist die Maislinie MON810 noch verboten.
Doch Vorsicht! Bestimmte GVOs sollen nicht mehr den Gesetzen der Gentechnik unterworfen werden.
Neue Rechtslage zu gentechnisch veränderten Pflanzen
Die Abgeordneten des EU-Parlaments stimmten den vom Agrarausschuss erarbeiteten Regelungen für die NGT-Pflanzen der Kategorie 1 im Februar 2024 zu, diese werden den gezüchteten Pflanzen gleichgestellt, die Regelungen für GVOs sollen entfallen. Für diese NGT-Pflanzen der Kategorie 1 soll es keine Kennzeichnungspflicht geben, da sie den Pflanzen aus Züchtungen gleichgestellt werden sollen. Komplexere genetische Veränderungen der Kategorie 2 oder höher unterliegen weiter der Kennzeichnungspflicht. Zur aktuellen Diskussion
Wie werden gentechnisch veränderte Pflanzen hergestellt?
Beim neuen Gentechnikgesetz zu den NGT-Pflanzen der Kategorie 1 handelt es sich um Nutzpflanzen, die mittels Mutagenese, Cisgenese (Übetragung von Genen zwischen verwandten Arten), Intragenese oder einer Mischnung aus den verschiedenen gentechnischen Verfahren, z.B. auch mit der Genschere Crispr/Cas verändert wurden und nun gezüchteten Pflanzen gleichgestellt werden. Ein Patentrecht soll es aber nicht auf sie geben. Neue Verfahren in der Pflanzenzüchtung-EU-Parlament
Novel Food Pflanzen
Welche gentechnischen Lebensmittel sind bei uns im Handel erlaubt?
- Sojabohnen: 26 Linien zugelassen
- Raps: 8 Linien zugelassen
- Zuckerrübe: 1 Linie zugelassen
- Mais: 51 Linien zugelassen
Diese genmanipulierten Lebensmittel sind für den Import in die EU zugelassen, dürfen aber nicht angebaut werden. Zum Anbau ist in der EU bisher nur eine GV-Maislinie (MON810) zugelassen, in Österreich besteht jedoch ein Anbauverbot.
Der Anbau von den in der EU zugelassenen genmodifizierten Lebensmitteln unterliegt nationalem Recht. Der Anbau unterliegt in der EU strengen Regeln, weil er Auswirkungen auf die Umwelt haben könnte.
Es wird angenommen, dass GVOs, die z.B. gegen Fressfeinde entwickelt wurden, auch negative Auswirkungen auf Nutzinsekten haben oder sich die genetisch veränderten Arten mit Wildpflanzen kreuzen. So muss die die Entwicklung der GVOs unter Laborbedingungen und in speziell dafür eingerichteten Gewächshäusern stattfinden.
Die NGT-Pflanzen können nach der Entwicklung in andere Länder exportiert werden, deren nationale Gesetze den Anbau von GVOs erlauben, um sie dort im Feldversuch zu prüfen.
Gentechnisch veränderte Mikroorganismen, Enzyme und Aminosäuren
Verstecktes Novel Food
Gentechnisch veränderte Mikroorganismen, Enzyme und Aminosäuren sind in vielen verarbeiteten Lebensmitteln enthalten und unterliegen keiner Kennzeichnungspflicht.
Gentechnisch veränderte Mikroorganismen werden z.B. für die Fermentation von Lebensmitteln eingesetzt. Sie gelten als sicher.
Fermentation von Lebensmitteln mit genetisch veränderten Mikroorganismen
Das Berliner Start-up Formo produziert z.B. Milchproteine für alternative Käseprodukte.
Einige Vitamine und Aromen werden mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt, wie etwa Vitamin C, B2 und B12.
Genmodifizierte Mikroorganismen, wie z.B. Escherichia-coli-Bakterienstämme, die zur Produktion von Enzymen, Vitaminen und anderen Zusatzstoffen benötigt werden, sind in der EU erlaubt, genau wie genveränderte Hefen für z.B. Bier oder Brot sowie modifizierte Schimmelpilze.
Welche Aminosäuren können mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt werden?
- Lysin
- Threonin
- Phenylalanin
- Methionin
- Tryptophan
- Leucin
- Glutaminsäure
- Cystein
Aminosäuren, die mit Hilfe von genmanipulierten Mikroorganismen hergestellt wurden, sind nicht kennzeichnungspflichtig.
Die EU stellt eine vollständige Liste der zugelassenen Novel Food zur Verfügung.
In der EU werden die Auswirkungen der GVOs von der EFSA, der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, auf die Sicherheit für Mensch, Tier und Umwelt überprüft.
Kultiviertes Fleisch und Fleischersatzprodukte
Novel Food – Fleisch der Zukunft
In-vitro-Fleisch, kultiviertes Fleisch, wird in einem mehrstufigen Prozess hergestellt. Zunächst werden einem Tier Stammzellen entnommen. Diese Stammzellen werden in Bioreaktoren in eine Nährlösung aus Wasser, Proteinen, Kohlenhydraten, Fetten, Vitaminen und Mineralstoffen gegeben, mit deren Hilfe aus den Stammzellen Fleisch gezüchtet wird.
Aus Stammzellen kann jede Art von Gewebe herangezüchtet werden, wie z.B. Muskelfleisch, Fett, Lunge oder auch Hirn. Durch die Lenkung in den Bioreaktoren wird bestimmt, welche Art von Fleisch entstehen soll.
Um dem Laborfleisch Struktur zu geben, sind weitere Schritte notwendig. Dazu kann ein Zellgerüst verwendet werden, an dem sich das Fleisch zur Strukturbildung anheften kann. Das Zellgerüst des in-vitro-Fleisches besteht jedoch nicht aus natürlichen Protein – Fasern. Es wird dem Fermentationsprozess zugegeben.
Wenn das Fleisch fertig ist, kann das Wasser abgegossen und das Fleisch weiter verarbeitet werden.
Der gesamte Prozess soll mehrere Wochen bis Monate dauern.
Welche Unternehmen stellen kultiviertes Fleisch her?
Novel Food Unternehmen der Zukunft
In der EU gibt es einige Start Ups, die nach und nach auf den Markt streben. So stelllte das französische Startup Gourmey im Sommer 2024 einen Antrag auf den Verkauf von kultiviertem Fleisch in der EU.
Das deutsche Unternehmen Wiesenhof investierte in zwei Unternehmen für in-vitro-Fleisch, in den niederländischen Lebensmittelhersteller Mosa Meat, der Rindfleisch herstellt und in ein israelisches Unternehmen, das Hühnerfleisch entwickelt.
Das tschechische Unternehmen Bene Meat bekam für sein in-vitro-Fleisch eine Zulassung als Beimischung für Tierfutter.
Ein deutsches Start Up stellte einen Antrag auf Zulassung für sein gezüchtetes Fleisch als Beimischung zu Hot Dogs.
Das gezüchtete Fleisch kann unter Verwendung von Gentechnik hergestellt werden.
Vegane Wurst- und Fleischersatzprodukte
Vegane Wurst- oder Fleischersatzprodukte bestehen nicht aus GVOs, allerdings werden viele Zusatz- und Hilfsstoffe in veganen Fleischersatzprodukten verwendet, die mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt werden, wie modifizierten Pilzen, Bakterien und Hefen. Sie sind nicht kennzeichnungspflichtig.
Guten Appetit!
Weiterführende Literatur: